Vom Vinschgau ins Ötztal: 45 km und 3500 Höhenmeter.

 

Bereits zum sechsten Mal reise ich zum Schaftrieb nach Tirol. Diesmal aber möchte ich die Schafe drei Tage lang auf ihrem Weg vom Vinschgau ins Schnalstal und weiter ins Ötztal begleiten.

 

Tag 1: von Laas im Vinschgau auf den Sonnenberg

Wir starten zu Mittag in Laas, berühmt für den wertvollen weißen Marmor. Alles im Ort ist aus diesem Stein gefertigt: Brunnen, Skulpturen, Pflastersteine, Grabsteine, Aschenbecher.

Durch den Ort und die umliegenden Obstgärten Richtung Allitz. Die Schafe laufen schnell bergauf, sie sollen nicht in die Obstgärten entwischen,

Unser heutiges Ziel ist der Hof von Andreas am Sonnenberg oberhalb von Schlanders. Der Rundblick ist überwältigend: von den Obstplantagen im Tal bis hin zu den schneebedeckten Bergen der Ortlergruppe.

Vinschger Sonnenberg

Das Ziel des ersten Tages ist erreicht: der Vinschger Sonnenberg

Am Hof wird für uns groß aufgetischt: Speck, Schüttelbrot, Vinschger Paarln – und zum Abschluss eine Schwarzwälder Kirschtorte.

 

Tag 2: über das Taschljöchl ins Schnalstal

Um 6 Uhr geht es los. Erst ohne Rucksäcke ins Schlandrauner Tal und zur Kortscher Alm. Es folgt ein langer Anstieg und die Sorge um die Schneebedingungen am Taschljöchl (2765 m). Zur Sicherheit haben wir Schneeschuhe und Lawinenschaufeln mit, um im Notfall einen Weg für die Schafe spuren zu können.

Schafe mit Kortscher See

Die Schafe vor dem Kortscher See

Die Schneebedingungen hinauf zum Joch sind aber besser als erwartet. Der Schnee ist relativ fest und die Schafe brechen nicht tief ein. Beim Abstieg hinunter ins Schnalstal gehe ich voraus und bin erstaunt, wie brav die Schafe mir folgen – solange ich mir für meinen Weg die aperen Stellen aussuche. Sobald ich über Schneefelder gehe, wollen sie nicht recht folgen und weichen aus.

Die Rast auf der Berglalm haben wir uns alle verdient. Die Schafe können grasen, die Lämmer trinken und wir verkosten Speckknödelsuppe, Enzianschnaps und Gamswurst.

Nach der Rast geht es noch hinunter nach Gerstgras und am Stausee entlang bis nach Vernagt (1700 m).

 

Tag 3: Schnalstal – Niederjoch (3017 m) – Ötztal

Schafe und Treiber werden am dritten Tag in drei große Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe startet bereits um 3:15 Uhr, wir schließen uns der zweiten Gruppe mit Abmarsch um 4:00 Uhr an.

Der Anstieg zur Similaunhütte am Niederjoch ist die Schlüsselstelle. Der Weg ist steil und es liegt noch viel Schnee. Fleißige Hände haben in den Tagen vor dem Auftrieb und auch noch in der Früh einen Weg freigeschaufelt. Von unten beobachten wir die erste Gruppe bei der Querung des Schneefeldes. Sobald die Gruppe fast das Joch erreicht, startet die zweite Gruppe. Wir passen höllisch auf, die Schafe nicht zu sehr zu treiben und zu verhindern, dass sie links oder rechts in die Felsen ausweichen.

Endlich ist die Similaunhütte erreicht und ich gönne mir einen frisch gemachten Apfelkuchen. Nach kurzer Rast geht es gleich weiter über den Gletscher Richtung Martin Busch-Hütte

Begleitet werden wir auf dieser Etappe von zwei Filmteams, die eine Universum-Doku drehen (zu sehen voraussichtlich im Oktober 2014).

Nach meinen Berechnung haben wir in diesen drei Tagen 45 km und 3500 Höhenmeter bewältigt.

Barbara Haid | Alpendiva, 20.06.2013